Iris Gleicke (2.v.li.), Regine Kanis und Hans-Christian Schmidt vor dem Heimbürgedenkmal in Kahla. Die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke, war am 8. August zu Besuch in Kahla. In der Saalestadt traf sie gemeinsam mit Regine Kanis mit Anbietern aus der Tourismusbranche und dem Gastgewerbe zusammen, um Informationen und Erfahrungen auszutauschen.
Ein kleiner Stadtspaziergang führte die Besucher durch die historische Altstadt, über die Baustelle des Gasthauses „Stern“ und das neue Heimbürge-Denkmal zurück zum Marktplatz und dem Museum. Eine geborene Kahlaerin erzählt von ihrer Kindheit in der Stadt, Hans-Christian Schmidt konnte viele Details ergänzen.
Toruismus als Wirtschaftsfaktor
Bei der Diskussionsrunde in der Bohlenstube des Stadtmuseums wurde schnell klar, dass der Tourismus als ein wichtiges Zugpferd, besonders in strukturschwachen Regionen, gesehen wird. „Die Entwicklung kann nur gemeinsam, in einem engen Netzwerk von Anbietern, vorangebracht werden“, betonte Iris Gleicke, die auch die Beauftragte der Bundesregierung für den Bereich Tourismus ist. Doch hier hakt es, was in erster Linie am mangelnden Personal liegt. Peter Panzer vom Tourismusverband Jena-Saale-Holzland e.V. machte klar, dass die Vernetzung der Anbieter untereinander als sehr wichtig erkannt wurde, aber diese Arbeit viel Zeit binde. „Mit drei Festangestellten bei 200 Mitgliedern ist das nicht zu schaffen“, so Panzer. Die im letzten Jahr im Verband gegründeten Arbeitsgruppen zu den Themen Wassertourismus, Radwandern, Wandern sowie Kultur und Porzellan haben die ersten Ergebnisse erzielt. Kombiangebote sollen die Touristen länger vor Ort halten. „Die kurze Verweildauer ist ein Hebel, an dem wir dringend ansetzen müssen“, ist sich Mario Brömel von Saale-Aktiv Tours sicher. Allein gelassen fühlt er sich bei der Frage nach Fördermitteln durch Bund und Länder. Vielfach werde hier bei Planungen zu kurz gedacht. „Am Ende erkennt man, dass man beim Ausbau der Wasser- und Radwege an der falschen Stelle gespart hat“ und meint die fehlenden Toilettenhäuschen an den Ausstiegsstellen der Saale und für die vielen Radfahrer auf dem Saale-Radweg. Hier sei in erster Linie das Land gefragt, verwies Iris Gleicke auf die Zuständigkeiten. "Im Bereich touristische Infrastruktur müssten die Förderprogramme erweitert werden, um für die angesprochenen Toilettenhäuschen genauso sorgen zu können, wie die Ausschilderung von Wander- und Radwegen oder die Zuwegung zu Hotels und Gasthäusern, wie im Zeitzgrund", bekräftigt die Bundestagsabgeordnete eine ihrer Förderungen. Im Zeitzgrund ist Familie Schreibmüller seit einem Jahr Betreiber der Bockmühle und kämpft seit geraumer Zeit mit durch Baustellen versperrten Straßenzufahrten. „Die Gäste finden uns bei der riesigen Umleitungsstrecke einfach nicht“, beklagt die Mühlenbesitzerin, die auf Grund dessen Einnahmeeinbußen verkraften muss. Hier plädiert Regine Kanis für mehr Kommunikation zwischen den Kommunen, dem Straßenbauamt und den betroffenen Gewerbetreibenden. „Von guten Straßen“, so die Landtagsabgeordnete „profitieren alle. Nur hat niemand mehr was davon, wenn auf lange Sicht kaum Einnahmen fließen. Hier müssen schnelle Lösungen gefunden werden, die allen dienen.“
Schätzchen im ländlichen Raum
Einig sind sich die Touristiker, dass viel zu viel Augenmerk auf die Städte und bestimmte „Leuchttürme“ in Thüringen gelegt werde. „Thüringen ist mehr als der Thüringer Wald und die Wartburg,“ konstatiert Iris Gleicke. „Dazu zählen auch die kleinen Schätzchen im ländlichen Raum. Hier gibt es so viel zu entdecken.“ Die Tourismus GmbH Thüringen müsse dies endlich viel stärker vermarkten.
Einen eigenen, vielversprechenden Weg der Vermarktung als Region geht der Tourismusverband mit dem Pilotprojekt „Saaleland“. Das Internetportal fasst die Angebote der Region für den Besucher zusammen, gibt Informationen und die Möglichkeit zur Buchung von Übernachtungsmöglichkeiten.
Klamme Kassen
Dass die Kommunen sehr gern viel mehr für den Tourismus in der ländlichen Region tun würden, machte die Kahlaer Bürgermeisterin Claudia Nissen-Roth deutlich. „Doch bei klammen Kassen können wir kaum etwas tun. Tourismusförderung ist eine freiwillige Aufgabe, bei der wir zuerst zum sparen gezwungen werden“, bedauert sie. Auch Klaus Hempel, seit zwei jahren Bürgermeister von Stadtroda, sieht die mangelnde finanzielle Ausstattung der Kommunen als Hauptursache für das zu geringe Engagement vieler Städte und Gemeinden. „Das beste touristische Angebot und das schönste Hotel nutzen nichts, wenn das Umfeld nicht passt“, bringt es die Bürgermeisterin auf den Punkt. Auch hier sei dringender Handlungsbedarf angebracht, bestätigt Iris Gleicke. Der kommunale Finanzausgleich müsse auf neue Beine gestellt werden. Den Kommunen könne im Rahmen der Mittelaufstockung bei der Städtebauförderung geholfen werden.
Großes Lob sprach Iris Gleicke dem Engagement der Anwesenden aus, die sich für den Tourismus im ländlichen Raum stark machen und ihn auf vielfältige Weise voran bringen. „Es wird noch einige Zeit dauern bis wir, eine gemeinsame Vermarktung wie im Schwarzwald oder Bayrischen Wald hinbekommen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg,“ ist sie überzeugt.